Ein etwas schwieriges Thema dabei ist, das es in vielen Kulturen, verschiedene Herangehensweisen bei den Themen Emotionen und Gefühle gibt. Auch die Bezeichnungen und die Interpretationen dieser ‚Disziplinen‘ sind oft unterschiedlich und irreführend.
In Asien zum Beispiel ist das Zeigen von Wut und Ärger verpönt und hängt sehr stark mit einem ‚Gesichtsverlust‘ zusammen.
Wir wissen alle, wenn wir den ‚richtigen Knopf‘ bei einem Menschen drücken oder dieser bei uns gedrückt wird, dass bei ihm oder uns automatische Reaktionen ablaufen, wie sie oder wir mit diesen Situationen umgehen oder darauf reagieren.
Wir können nur entscheiden, welche Wahrnehmungen für uns gelten, wenn wir die Wissenschaft bemühen und danach andere Disziplinen und Konzepte zu Rate ziehen, um ein plausibles System, ein für uns gültiges System, zu kreieren.
In meiner Ausbildung zum Master of cognitive neuroscience (AON Ausbildungsunterlagen Kurs Emotionen) gibt es eine anerkannte wissenschaftliche Definition. Deshalb habe ich aus meinen Unterlagen folgende Erklärungen übernommen.
„Emotionen sind Reaktionen, welche durch spezifische Reize, die sowohl real wahrgenommen werden (z.B. Spinne, Angreifer) oder auch aus dem Gedächtnis abgerufen werden können („flashback“) ausgelöst werden.
Zum Teil bezeichnet man lediglich das Gefühl als Emotion, zum Teil beinhaltet der Begriff der Emotion auch die neurophysiologischen Reaktionen, wie Handlungen und autonome Reaktionen, die parallel zu dem Gefühl auftreten.
Das Gefühl der Emotion ist schwer bestimmbar und die Erfassung beruht fast ausschließlich auf meist verbalen Berichten. Dem gegenüber sind die mit einer Emotion einhergehenden Handlungen wie z.B. Flucht oder Angriff und die autonomen Reaktionen wie z.B. Veränderungen des Pulses, Blutdruck und des Hautwiderstandes sehr gut messbar.
Bezüglich der Grundemotionen Angst, Ärger, Ekel und Trauer sind sich die meisten Emotionsforscher einig, dass es sich um Basisemotionen handelt. Prof. Dr. Paul Ekman zählt allerdings auch noch Freude und Überraschung dazu.
Allerdings soll darauf hingewiesen werden, dass die Frage, ob eine bestimmte Emotion eine Basisemotion darstellt nicht von herausragender Bedeutung ist, da mittlerweile angenommen werden muss, das jede Emotion, auch Basisemotionen nicht von einer einzigen Gehirnstruktur vermittelt werden, sondern von einem mehr oder weniger komplexen Netzwerk an Gehirnarealen.
Um aber die Emotionen und Gefühle besser unterscheiden zu können, sollten wir uns auf die eigene Wahrnehmung verlassen. Natürlich möchten viele Trainer oder Therapeuten gerne das Rad nochmals neu erfinden und dem ‚Kind‘ einen neuen Namen geben oder zumindest aber einen eigenen, neuen Stempel aufdrücken. So sind wir Menschen nun einmal. Lassen wir uns aber davon nicht beeindrucken.
Abbildung: Ängstlicher Gesichtsausdruck nach Prof. Ekman. Charakteristisch sind die hochgezogenen Augenbrauen, die angehobenen oberen Augenlider, die angespannten unteren Lider und der leicht verbreiterte Mund. Dieser Gesichtsausdruck wird von Menschen sehr schnell wahrgenommen, da er Gefahr signalisiert.
Die Furcht ist gerichtet also real.
Z.B.: Die Furcht vor einer giftigen Spinne.
Die Angst ist un-gerichtet also spielt sich in unserer Vorstellung ab und hat oft mit der Realität nichts zu tun.
Z.B.: Angst vor der Geisterbahn oder Angst vor einer kleinen Hausspinne( Phobie).
Die Angst an sich ist weder positiv noch negativ. Es ist ein Ergebnis aus unserer Bewertung und unseren Vorerfahrungen. Deshalb ist es auch möglich, solange die Angst nicht auf den ‚untersten limbischen Systemen‘ verankert ist, sondern auf der mittleren Ebene, Abhilfe zu schaffen. So gibt es inzwischen gute Möglichkeiten solche ‚Phobien‘ aufzulösen.
Was sind die unteren limbischen Ebenen, bei denen es so schwierig ist Zugriff zu bekommen, um Änderungen vorzunehmen.
Diese Ebenen werden schon vorgeburtlich, epigenetisch und während der ersten drei Jahre (bis zu 6 Jahren) angelegt. In dieser Phase der Entwicklung ist das Gehirn vollkommen offen für neue Erfahrungen und speichert alle Erlebnisse/ Geschehnisse/Vorstellungen ungefiltert in den unteren Ebenen des limbischen Systems ab. Das bedeutet konkret, alles was die Mutter in der Schwangerschaft erlebt hat und das Kind während und nach der Geburt (erste 3-6 Jahren) als Grundeinstellung der Eltern und Familie mitbekommen hat, hat sich als Grundmuster niedergelegt und ist nicht ganz einfach wieder auf bzw. zu erlösen. Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie lange es dauern kann bis sich auf diesen unteren limbischen Ebenen etwas bewegt.
Ich kenne bisher nur eine funktionierende Methode, die auf der unteren limbischen Ebene wirkt. Es gibt einige gute Methoden, die auf der mittleren und oberen limbischen Ebenen helfen und leider sehr viele Methoden, die nicht nachhaltig oder gar nicht wirken. Leider hat sich bisher kein Wissenschaftler, Heilpraktiker, Heiler, Coach oder ähnliches die Mühe gemacht solche Methoden wissenschaftlich zu prüfen z.B. anhand von evidenzbasierten Studien.
Laut Prof. Dr. Dr. Roth sprechen wir auch gerne von der:
‚Therapeutischen Allianz‘ es besteht ein biochemischer Zusammenhang zwischen Patient/ Behandler/ Methode‘.Somit lautet die These, dass eh immer ein Drittel der Methoden wirken, ein Drittel der Methoden nicht wirken und ein Drittel der Methoden dazwischen irgendwie wirken.Lassen wir uns deshalb nicht beirren. Mein Leitspruch lautet sowieso:
‚Wer heilt hat recht‘. Ob es neurowissenschaftlich erwiesen ist oder nicht spielt dann für den Patienten/ Anwender/ Nutzer der Methoden keine Rolle mehr ;-)!
Zurück zu den wissenschaftlich erwiesenen Grundemotionen.
Abbildung: Ärgerlicher Gesichtsausdruck nach Ekman. Dieser Gesichtsausdruck zeigt gesenkte Augenbrauen, und schmale Lippen, die zu einem leicht zu gekniffenen Mund führen. Diese milde Form des Ärgers zeigt noch keine Zähne, was dann beim Gesichtsausdruck der Wut hinzukommt.
Ärger, auch Verdruss oder Wut, ist eine spontane, innere, negativ-emotionale Reaktion auf eine unangenehme oder unerwünschte Situation, Person oder Erinnerung. Das, was Ärger hervorruft, ist üblicherweise ein Verlust oder Schaden, der einem durch eine andere Person zugefügt wurde. Der Schaden kann allerdings auch aus einer Frustration, etwa einer Kränkung bestehen.
Der Überbegriff Ärger umschreibt eine ganze Gruppe negativer Gefühle, die verschiedene Erregungsniveaus und Intensitäten aufweisen können. Die stärkste Form ist die Wut, die dem Gegenüber üblicherweise durch aggressives Verhaltens kenntlich gemacht wird. Weniger intensive Formen des Ärgers sind Unbehagen oder Unmut.
In Gesellschaft gilt das Zeigen von Ärger in der Regel als taktlos. Insbesondere in kollektivistischen Kulturen in Ostasien, wie in Japan, führen Verstöße gegen das Harmoniegebot, etwa durch Zeigen von Ärger und Wut zum Gesichtsverlust.
Abbildung: Gesichtsausdruck des Ekels nach Ekman. Runzeln der Nasenwurzel, sowie die angehobene Oberlippe sind charakteristisch für diese Emotion.
Mit Ekel bezeichnet man eine Empfindung der Abneigung in Verbindung mit Widerwillen. Zum Teil äußert sich Ekel durch sehr starke körperliche Reaktionen wie Übelkeit und Brechreiz, Schweißausbrüche, sinkenden Blutdruck, der bis zur Ohnmacht führen kann. Diese Reaktionen unterscheiden Ekel auch von anderen Negativen Emotionen wie der Furcht oder der Aggression. Anders als Furcht oder Aggression ist Ekel nicht angeboren, sondern wird im Laufe der Entwicklung erworben. Das wird daraus ersichtlich, dass Kleinkinder „ekelerregende“ Objekten wie Kot, Käfer oder Regenwürmer in den Mund stecken. Ob die angeborene Aversion „bitter“ einer Ekelreaktion entspricht, ist bisher noch umstritten.
Evolutionär bewahrt die Emotion Ekel den Organismus davor gefährliche Objekte zu verzehren. Neurobiologisch geht Ekel mit einer starken Aktivierung der Inselrinde (Insula) einher (Phillips et al., 1997).
Abbildung: Trauriger Gesichtsausdruck nach Ekman. Dieser Gesichtsausdruck wird bestimmt durch leicht gesenkte, obere Augenlider, einen eher starrenden Blick, und abgesenkte Mundwinkel.
Die Emotion Trauer wird durch ein betrübendes, trauriges Ereignis hervorgerufen. Dieses kann zum Beispiel durch den Verlust einer nahe stehenden Person, eines Tieres oder in der eigenen Vorstellung ein Verlust dieser Vorstellung (Idee) hervorgerufen werden.
Oft geht diese Emotion einher mit einer Enttäuschung (Eine Täuschung ist beendet), z.B. wenn eine Nahrungsquelle nicht ausgeschöpft werden kann (langer Anmarsch zu einer Wasserquelle, die sich als vertrocknet herausstellt), aber auch durch das Nichterreichen eines Zieles (Sport).
Der evolutionäre Aspekt der Trauer in Bezug auf den Verlust eines Menschen aus der sozialen Gruppe (Angehöriger aber auch Freund) besteht aus dem Signal der Wichtigkeit dieser Gruppe. So wird spekuliert, dass das negative Gefühl der Trauer verdeutlichen soll, wie wichtig der Erhalt der Gruppe für das eigentliche Überleben ist und das alles in der Zukunft getan werden muss, um diese Gruppe zu erhalten (d.h. erneute Trauer zu verhindern) (Nesse, 2005).
Abbildung: Freudiger Gesichtsausdruck nach Ekman. Dieser Gesichtsausdruck ist charakterisiert durch Lachfältchen seitlich der Augen, angehobenen Wangen, sowie die hochgezogenen Mundwinkel.
Mit der Emotion Freude verbindet sich eine Reaktion auf eine angenehme Situation oder die Erinnerung an eine solche. Man sollte allerdings zwischen Glück und Freude als Reaktion auf einen Stimulus unterscheiden. Glück ist keine Emotion im eigentlichen Sinne, da Glück nicht direkt stimulusgebunden ist. Es ist aber so, dass das wiederholte Erleben der Emotion Freude in relativ kurzen Zeitabständen zu Glück führt. Freude als Emotion tritt immer in Zusammenhang mit einem Stimulus mit positivem Wert auf. Dieser Wert (value) ist hierbei allerdings immer in Hinblick auf den derzeitigen körperlichen Status zu sehen. So sind der Anblick und die Möglichkeit des Konsums von Vanilleeis für den sehr Hungrigen von hohem Wert und der Anblick wird eine positive Emotion nach sich ziehen.
Im Gegensatz dazu wird bei einem mit Vanilleeis übersättigtem Menschen der Anblick und Geruch von Vanille eher negative Emotionen wie Ekel hervorrufen. Die Wertrepräsentation für sehr verschiedene Stimuli (z.B. Essen, Geld, Gegenstände) ist neurobiologisch gut untersucht. So konnte in vielen Studien nachgewiesen werden, dass das Aktivierungsniveau im orbitofrontalen (OFC) und ventromedialen präfrontalen Kortex (vmPFC) sehr präzise mit dem gegenwärtigen Wert eines Stimulus korreliert (Chib et al., 2009). In einem konkreten Beispiel konnte in der Tat nachgewiesen werden, dass das Aktivitätsniveau des OFC bei satten Probanden für Vanilleduft sehr viel geringer ausfiel als bei hungrigen Probanden (Gottfried et al., 2003).
Lachen oder Lächeln ist der charakteristische Gesichtsausdruck der Emotion Freude. Der emotionale Gesichtsausdruck der Freude zeigt interkulturelle Unterschiede. In Kulturen, in denen starke emotionale Gesichtsausdrücke als eher unpassend empfunden werden (z.B. Japan), drückt sich Lächeln vielmehr über die Augen aus, auch weil diese Partie schlechter kontrollierbar ist, wogegen in westlichen Kulturen eine größere Beteiligung des Mundes mit dem Zeigen der Zähne auftritt. Dementsprechend betonen Textsmileys in Europa und den USA eher den Mund :-), wogegen in Japan die Augen betont werden ^_^.
Kommunikativ signalisiert Lächeln dem Sozialpartner einen Ausdruck von Sympathie und Friedfertigkeit. Lachen kann auch dazu dienen Konflikte zu entschärfen, was sich positiv auf soziale Gruppe auswirkt.
Abbildung: Überraschter Gesichtsausdruck nach Ekman. Dieser Gesichtsausdruck ist charakterisiert durch stark angehobene Augenbrauen, weit geöffnete Augen sowie den geöffneten Mund.
Überraschung wird nicht von allen Autoren zu den Basisemotionen gezählt. Die Überraschung ist initial wertfrei, da noch nicht bekannt ist, ob das Ereignis bzw. der Stimulus, der zu der Überraschung geführt hat positiv (plötzliches Rascheln im Wald ausgelöst durch einen Freund) oder negativ (plötzliches Rascheln im Wald ausgelöst durch einen Wolf) ist. Das weite Aufreißen der Augen soll dazu dienen in der überraschenden Situation die maximale Aufnahme von Sinnesreizen zu ermöglichen um die Situation möglichst rasch und genau zu analysieren. Oft folgt auf die Emotion der Überraschung eine weitere Emotion wie zum Beispiel Freude (Rascheln durch den Freund) oder Furcht (Rascheln durch den Wolf). Der Gesichtsausdruck der Überraschung wird oft mit Furcht oder Angst verwechselt, da die Augenpartie ähnlich aussieht. Man könnte nun vermuten, dass diese Ähnlichkeit darauf zurückzuführen ist, dass ‚überzufällig‘ häufig die Situation, die die Überraschung hervorgerufen hat, negativ ist (der Wolf und nicht der Freund).
Schon Darwin beobachtete, dass der Gesichtsausdruck der Überraschung interkulturell eine sehr starke Übereinstimmung aufweist.
Ich würde gerne auch an dieser Stelle andere Ansichten und Methoden mit in diese Betrachtung nehmen.Aber dazu gerne mehr im nächsten Blog.
Viel Freude beim Lesen und beim Beobachten der Grundemotionen. Deine Beobachtungen sind später der Schlüssel für Deine Wahrnehmung.
Viel Erfolg und alles Gute bis zum nächsten Mal. Du weißt ja …
‚Selbst der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt’…
Dein Tonino Carl