Warum es so wichtig ist, junge Talente zu begleiten und zu fördern
Von Jörg Löhr
Die Odyssee gehört zu den ältesten und wohl einflussreichsten Werken der abendländischen Literatur. Das Heldenepos des Dichters Homer erzählt von den Abenteuern des Königs Odysseus von Ithaka und seiner Gefährten auf der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg. „Mentor“ ist eine Figur aus der Odyssee, ein Freund des Helden Odysseus, dem er die Erziehung seines Sohnes Telemachus anvertraut. Und der den jungen Prinzen während seiner Jugend und darüber hinaus mit Rat und Tat begleitete. Der Begriff des Mentors ist also keineswegs eine Erfindung der 1970er-Jahre, er hat seine Wurzeln bereits im Altertum. Die Erziehung zu charaktervollen Kriegern war eine wichtige Sache, die im antiken Griechenland nur weisen Männern wie einem Mentor übertragen wurde. So steht der Name sinnbildlich für einen klugen, älteren Berater, der sein Wissen und seine Erfahrung an den Jüngeren weitergibt. Nicht nur literarisch wird dieses Thema seither immer neu behandelt. In vielen gesellschaftlichen Zirkeln und Organisationen ist die Begleitung unerfahrener durch erfahrene Mitglieder gelebte Praxis. Und Unternehmen profitieren, wenn Wissen und Erfahrung von den Älteren an die Jüngeren weitergegeben wird.
Die ersten Mentoring-Programme entstanden in den USA
„Mentoring“ als Instrument der Personalentwicklung wurde in den 1970er-Jahren in den USA „geboren“. Zehn Jahre später schwappte die Mentoring-Welle auch nach Europa, breitete sich zunächst in Skandinavien, dann in Großbritannien aus. Erst in den 1990er-Jahren kam das Mentoring auch in deutschen Bildungseinrichtungen, Organisationen und Unternehmen an.
Die Idee ist ebenso einfach wie effektiv: Mentoren ebnen ihren „Mentees“ den Karriereweg. Sie helfen ihnen, sich fachlich, aber auch persönlich weiterzuentwickeln, beraten sie bei der Karriereplanung und unterstützen sie dabei, in informellen Kreisen und wichtigen Netzwerken Fuß zu fassen. In der Regel brauchen Mentoren dafür keine spezielle Ausbildung – ihr Vorsprung in Sachen Erfahrung und Know-how genügt. Doch interpretieren Organisationen und Unternehmen Mentoring teils recht unterschiedlich. Eine Mentoring-Beziehung ist immer zeitlich begrenzt. Denn wie George Orwell schon erkannt hat: „Der ist der beste Lehrer, der sich nach und nach überflüssig macht.“
Fünf Fragen zum Weiterdenken:
Quelle Bild: „Telemachus and Mentor“ Illustration by Pablo E. Fabisch from Fenelon’s Les Aventures de Télémaque, 1699